In der Sächsischen Zeitung Ausgabe Großenhain erschien am 25. September 2019 folgender Artikel (Link zum Artikel):

"Journalist Uwe Karte hat ein Buch über den verstorbenen Fußballer Jörg Stübner geschrieben. In Schönfeld stellt er es vor.

SZ 25092019
Foto: Steffen Mönnich

Die Nachricht vom Tod Jörg Stübners im Frühsommer kam überraschend. Der frühere Fußballer von Dynamo Dresden ist am 24. Juni im Alter von nur 53 Jahren verstorben. Den Fußballfans wird der 47-fache DDR-Nationalspieler in Erinnerung bleiben: wegen seiner Popperlocke und dem großen Kämpferherz auf dem Rasen. Mit 18 Jahren Stammspieler bei Dynamo Dresden geworden, war die Wende die Zäsur. Im Gegensatz zu vielen Mitspielern schaffte es Jörg Stübner nicht, im Profifußball Fuß zu fassen. Es wurde ruhig um ihn, gesundheitliche Probleme, Sozialamt.

„Jörg war scheu, zurückhaltend und hochsensibel“, sagt Uwe Karte. Er ist Freier Journalist und Autor und hat ein Buch geschrieben: „Stübner – Popstar wider Willen“ heißt es und wird am 13. November im Dresdner Rudolf-Harbig-Stadion vorgestellt. Einen Tag später macht der 52-jährige Autor Station im Schloss Schönfeld. Ein Fußballabend der ganz besonderen Art.

Herr Karte, warum kommen Sie nur einen Tag nach der offiziellen Buchpremiere ausgerechnet nach Schönfeld?

Warum nicht? Bürgermeister Hans-Joachim Weigel und ich sind uns irgendwann einmal über den Weg gelaufen. Da hat er mir das Schloss „schmackhaft“ gemacht. Eigentlich war die Veranstaltung mit Jörg Stübner geplant. Wir hatten uns nach mehr als drei Jahren Arbeit am Buch im Frühjahr darauf verständigt, dass es im Herbst erscheinen soll. Geplant war, dass er vornehmlich bei den etwas kleineren Lesungen dabei ist und auch auf diese Art und Weise wieder eine soziale Anbindung erfährt. Ich glaube, dass er sich darauf sehr gefreut hat.

Nun werden Sie wahrscheinlich mit seinem Bruder Uwe nach Schönfeld kommen?

Ja, ich hoffe. Wir kennen uns noch gar nicht so lange. Ich hatte Jörg mal nach einem Kontakt zu Uwe gefragt, doch er wollte das nicht. Nach seinem plötzlichen Ableben hat es sich dann zwangsläufig ergeben. Ralf Minge und ich saßen wenig später bei der Familie Stübner und haben unsere Unterstützung angeboten. So begannen die Vorbereitungen der Trauerfeier, die ja dann am 23. Juli stattgefunden hat. Es wäre Jörgs 54. Geburtstag gewesen ...

Sie haben auch die Trauerrede gehalten?

Naja, seine Mutter sagte nach unserem ersten Gespräch: „Was Sie alles über meinen Jörg wissen!“ Da lag es also praktisch auf der Hand, aus diesem Anlass ein paar persönliche Worte zu finden. Über den Fußballer Jörg Stübner, viel mehr aber über den Menschen. Das ging natürlich nur aus meinem Blickwinkel, wie wir uns überhaupt kennengelernt hatten, wie ich ihn erlebt hatte. Wie es zum Buchprojekt kam und was in diesen knapp vier Jahren dann alles so passiert ist.

Wie ist es überhaupt zu dem Stübner-Buch gekommen?

Das war kurz nach seinem 50. Geburtstag. Ich hatte Jörg gefragt, ob er sich das vorstellen kann. Aus meiner Sicht war es als eine Art Lebenshilfe gedacht, ihn aus dem sozialen Abseits zurück in die Gemeinschaft zu holen. Traurig, dass das Buch nun ein Andenken an ihn wird, aber auch das finde ich ziemlich wichtig.

Jörg Stübner wird vielen Fans in Erinnerung bleiben, als er 1985 den damaligen französischen Starfußballer Michel Platini im Leipziger Zentralstadion buchstäblich „abkochte“ ...

Ja, ich war damals auch im Stadion, ein unglaublicher Abend! Dieses Spiel wird im Buch natürlich thematisiert. Allerdings wird der Bogen viel weiter gespannt, als ich anfangs dachte. Vielleicht ging das nur, weil wir uns schon lange kannten. Er hat kaum jemand an seinem Leben teilhaben lassen. Umso bemerkenswerter, wie aktiv Jörg dann am Buch mitgearbeitet hat. Die opulente Illustration ist in erster Linie ihm zu danken, so bekommt der Leser einen intensiven Eindruck von seinem Werdegang.

Wie lange kannten sie Jörg Stübner?

Seit 1990, ich hatte gerade bei der Dresdner Tageszeitung „Die Union“ begonnen. Ganz genau wird das im Buch beschrieben. Danach sind wir uns immer wieder begegnet und haben uns eigentlich nie aus den Augen verloren, hatten immer einen guten Draht. Was ihm zum Beispiel schwerfiel, war die Hilfe anderer anzunehmen. Deshalb scheiterten auch die meisten, der stets gut gemeinten Hilfsangebote nach der Wende.

Das heißt, sie hatten ständig Kontakt zu ihm?

Nein, ständig nicht, aber regelmäßig. Zudem gab es Anlässe, die uns immer wieder zusammenführten. Das Abschiedsspiel für Ulf Kirsten 2003 fällt mir da ein. Oder: Jedes Jahr hat er mir Weihnachts- und Neujahrsgrüße geschickt. Mit dem Buchprojekt wurde der Kontakt intensiver und speziell im letzten Jahr hatten wir dann fast täglich irgendwie Kontakt.

Wie sah denn die „Hilfe zum Leben“ aus?

Jörg hat sehr lange von Sozialhilfe gelebt – da allein rauszukommen, ist fast unmöglich. In Zusammenarbeit mit Dynamo, da ist in erster Linie Ralf Minge zu nennen, haben wir ihm eine neue Wohnung besorgt, im Umgang mit Behörden unterstützt, ab Dezember 2018 war er wieder Tribünengast bei Dynamo, Anfang 2019 ging es dann los mit einem Mini-Job in der Dynamo-Fußballschule. Letzteres zum Beispiel hätte ohne die Unterstützung von Ralf Hauptmann oder Rene Beuchel nie und nimmer funktioniert. Auf jeden Fall hatte ich den Eindruck, dass wir auf einem guten Weg waren.

Wie haben Sie die letzten Tage und Monate vor seinem Tod wahrgenommen?

Im April/Mai hatte Jörg gesundheitliche Sorgen – die Bandscheibe mal wieder. Dazu kamen schlechte Nachrichten auf privater Ebene. Seine Form der Konfliktbewältigung aber war nicht gut für seine Gesundheit. Im Juni ging es ihm dann wieder besser. Eine Woche vor seinem Tod haben wir uns in unserem Stamm-Café getroffen. Es war wirklich ein gutes Gespräch und wir haben uns beide schon auf die Fortsetzung gefreut ...

Zurück zu Ihrem Buch: Was erwartet die Zuhörer am 14. November in Schönfeld?

Ich denke, für Stübner-Fans und Interessierte wird es ein spannender Abend. Mit einem kleinen Film, mit ganz vielen Fotos und dem Beleuchten von vielen Kapiteln aus seinem Leben. Natürlich gehen wir auch der Frage nach: Wie wird man zu dem Popstar im DDR-Fußball?"